Obstipation

 

Eine Obstipation im Rahmen einer Chemotherapie ist häufig multifaktoriell bedingt: Neben einer reduzierten Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, Bewegungsmangel, tumorbedingte Kompressionen und Elektrolytstörungen sind auch Arzneimittel als Auslöser zu nennen. Dabei wird eine Obstipation eher durch Medikamente zur Behandlung von unerwünschten Wirkungen als durch die Antitumortherapie selbst ausgelöst. 192 Obstipierende Nebeneffekte sind vor allem bei Opiaten, trizyklischen Antidepressiva, aluminiumhaltigen Antazida, oralen Eisenpräparate sowie Antiemetika vom Typ der 5 HT3-Antagonisten zu erwarten. Tumortherapeutika, die eine Obstipation verursachen, sind unter anderem Vinca-Alkaloide (besonders Vincristin, Vinblastin und Vinorelbin), Thalidomid und Bortezomib. 170 
Generell basieren die Empfehlungen zu Prävention und Management der Obstipation bei Tumorpatienten hauptsächlich auf Tradition, Erfahrungen aus der Klinik und Extrapolation von nicht-onkologischen Populationen. 193 
Zur Prävention sowie als allgemeine Massnahme einer Obstipationsbehandlung sollte die Flüssigkeitszufuhr erhöht werden sowie auf eine ballaststoffreiche Ernährung und ausreichend Bewegung geachtet werden. 194 195 
Vor einer Behandlung mit Laxanzien sollten Impaktion und tumorbedingte Stenose respektive ein mechanischer Ileus ausgeschlossen werden. Bei milder Obstipation genügen oft osmotisch wirkende Laxanzien (z. B. Macrogol). Dabei muss bei osmotisch wirkenden Laxanzien und Quellmitteln auf eine ausreichende Trinkmenge geachtet werden. Laktulose und Quellmittel (Weizenkleie, Leinsamen) haben ihren Stellenwert in der Prophylaxe, nicht aber in der Behandlung der manifesten Obstipation bei Patienten unter Chemotherapie.170 196 


Mögliche Substanzen zur Therapie der Obstipation bei Tumorpatienten: 170

  • Osmotisch wirkendes Laxans: Macrogol
  • Salinische Laxanzien: Magnesiumsulfat, Natriumsulfat, Polyethylen-Glycol-Elektrolytlösungen
  • Prokinetika: Metoclopramid, Neostigmin, Prucaloprid
  • Stimulierende Laxanzien: Bisacodyl, Natriumpicosulfat, Sennafrüchte
  • Rektale Laxanzien: stimulierende (Bisacodyl), salinische und osmotische (Glycerin), Hebe-Senkeinlauf (kontraindiziert bei neutropenischen und thrombopenischen Patienten) 


Die NCCN Guidelines empfehlen bei obstipierten Tumorpatienten folgendes pharmakologisches Vorgehen:195

  • Bisacodyl, mit dem Ziel einer nicht forcierten Darmbewegung alle ein bis zwei Tage 
  • Bei Impaktion: Glycerinzäpfchen und Mineralöl-Einlauf, wenn notwendig manuelle Disempatktion
  • Bei Persistenz der Obstipation: 
    • zusätzliche Gabe weiterer Laxativa wie Bisacodyl-Zäpfchen oder Polyethylene Glycol oder Magnesiumcitrat
    • Methylnaltrexon für Opioid-induzierte Obstipation erwägen
    • Hahnenwasser-Einlauf
    • Prokinetische Substanz erwägen

Es ist allgemein akzeptiert, dass aufgrund der hohen Inzidenz der Obstipation unter Opiattherapie ein prophylaktischer Einsatz von Laxativen indiziert ist. McNicol et al. und Miakowski et al. empfehlen einen Stuhlweichmacher und ein stimulierendes Laxativum.197 198 Klaschnik et al. empfehlen Macrogol/Elektrolyte (z. B. Movicol).199 Ferner können stimulierende Laxantien wie Natriumpicosulfat und Bisacodyl verschrieben werden.192 

Die durch 5-HT3-Rezeptor-Antagonisten-induzierte Obstipation ist i.d.R. nach kurzer Zeit spontan reversibel, so dass sie keine prophylaktischen Massnahmen erfordert. 200 

Die Symptome einer Obstipation unter Vinca-Alkaloiden treten in der Regel wenige Tage nach Applikation der Zytostatika auf. Klinisch müssen sie von einer akuten gastrointestinalen Obstruktion abgegrenzt werden. Tritt eine Obstipation unter Vinca-Alkaloiden auf, sollten keine Quellstoffe oder osmotischen Laxanzien gegeben werden. Hier eignen sich Prokinetika wie z. B. Metoclopramid. 170

 

© Cancerdrugs GmbH, last update 18.02.2016.
Wichtiger Hinweis: Diese Informationen sind ausschliesslich für medizinische Fachpersonen
bestimmt. Konsultieren Sie bitte vor einer Verschreibung die vollständige Fachinformation. Nutzungsbestimmungen.