Dyspnoe

  • Zur Stellung der Differentialdiagnose: - Einteilung in akut auftretende oder langsam zunehmende Dyspnoe. - Aufnehmen des allgemeinen Status (inklusiv Beurteilung Halsvenen). Bestimmung des perkutan gemessenen SaO2, Spirometrie oder PF-Wert, Bestimmung der D-Dimere, des (pro)BNPs, Infektlabor und konventionelles Röntgen Thromax in zwei Ebenen.
  • Unter Therapie mit Erlotinib, Gefitinib, Lapatinib, Crizotinib und Everolimus auch an Dyspnoe als Symptom einer interstitiellen Lungenerkrankung denken.
  • Differentialdiagnostisch auch an Perikardtamponade denken.
  • Symptomatische Massnahmen wie Beruhigung des Patienten, Lagerung mit erhöhtem Oberkörper, Frischluftzufuhr bzw. Sauerstoffgabe bei Hypoxie.
  • Rücksprache mit dem Onkologen und spezifische Therapie des Grundleidens.
  • Nach Bedarf Hinzuziehen eines Spezialisten - z.B. Pneumologen bei interstitieller Lungenerkrankung usw.
  • In der palliativen Situation event. symptomorientierte medikamentöse Therapie.

Dyspnoe kann ein Symptom unterschiedlicher Krankheitsbilder sein. Dabei kann die Ursache im direkten Bezug zum Tumor stehen (z.B. Infiltration der Pleura oder des Lungenparenchyms durch den Tumor respektive Metastasen, Superiores Vena Cava Syndrom, Lymphangiosis carcinomatosis) oder sie wird indirekt durch den Tumor hervorgerufen (Lungenembolie, Pneumonie). Die Ätiologie kann auch Therapie-induziert (Lungenfibrose oder Chemotherapie-induzierte Kardiomyopathie) oder ohne Bezug zur Tumorerkrankung sein (chronisch obstruktive Atemwegserkrankungen, kongestive Herzinsuffizienz). 

Hilfreich für die Differentialdiagnose ist die Einteilung in akut auftretende Dyspnoe (z.B. bei Lungenembolie, Pneumothorax, Infektion) oder langsam zunehmende Dyspnoe (z.B. bei Pleuraerguss, interstitieller Lungenerkrankung) sowie die Symptomatik. Für eine Herzinsuffizienz sprechen eine Orthopnoe (Differentialdiagnose COPD) sowie die paroxysmale nächtliche Dyspnoe. Allerdings sind beide Symptome für die Herzinsuffizienz wenig sensitiv. 
Bei der Abklärung einer Dyspnoe gehört zum allgemeinen Status unbedingt die Beurteilung der Halsvenen zur allfälligen Diagnose einer Volumenüberladung als Hinweis für eine Herzinsuffizienz oder einer oberen Einflusstauung. Ferner können folgende Parameter bestimmt werden: perkutan gemessenes SaO2, Spirometrie oder mindestens der PF-Wert (Peak-Flow-Wert). Im Labor müssen das D-Dimer zum Ausschluss einer Lungenembolie und falls möglich das (pro)BNP zum laborchemischen Ausschluss einer Herzinsuffizienz bestimmt werden. Allerdings ist ein negativ prädiktiver Wert des BNPs aufgrund der schlechten Datenlage in der onkologischen Population nicht über alle Zweifel erhaben. Ferner sollte ein Infektlabor (CRP und Hämatogramm inklusive Neutrophilenzahl) angefertigt werden. 
Unter Therapie mit Erlotinib, Gefitinib, Lapatinib, Crizotinib und Everolimus sollte unbedingt auch an Dyspnoe als Symptom einer interstitiellen Pneumonitis/Pneumopathie, eine schwere Komplikation unter den genannten Substanzen, gedacht werden. Bei Verdacht auf eine interstitielle Pneumopathie müssen nebst Bildgebung mittels CT Thorax eine Plethysmographie und CO-Diffusionmessung beim Spezialisten durchgeführt werden. Differentialdiagnostisch muss vor allem bei metastasierenden Malignomen auch noch an eine Perikardtamponade gedacht werden. 

Die symptomatischen Massnahmen zur Behandlung der Dyspnoe beinhalten die Beruhigung des Patienten, Erklärung der Situation sowie möglicher Behandlungsoptionen. Ferner Lagerung des Patienten mit erhöhtem Oberkörper und nach Bedarf Sauerstoffgabe mit Ziel-Sauerstoffsättigung 90-94%. Letztere Massnahme ist bei nachgewiesener Hypoxämie erfolgreich.97 98 Die Sauerstoffgabe ist auch sinnvoll, wenn eine kompensatorische Hyperventilation dadurch beseitigt werden kann, ausserdem kann sie oft auch psychologisch hilfreich sein. Danach erfolgt die Rücksprache mit dem Onkologen und spezifische Therapie des Grundleidens sowie - wenn indiziert - Therapieunterbruch bzw. -abbruch. 

Sind andere Ursachen der Dyspnoe ausgeschlossen und tumortherapeutische Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft, kann in der palliativen Situation eine symptomorientierte medikamentöse Therapie erfolgen: Es besteht starke Evidenz betreffend der Verwendung von kurzwirksamen oralen und parenteralen Opioiden zur Behandlung der Dyspnoe bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung.99Opioide haben eine respiratorisch depressive Wirkung, so dass die Empfindung der Dyspnoe reduziert wird.100 Das vorherrschende Opioid in den meisten Studien war Morphin, welches bis zum gewünschten Effekt dosiert werden sollte. 
Bezüglich des Gebrauchs von Benzodiazepinen gibt es widersprüchliche Meinungen: Einige Experten empfehlen sie zur Behandlung der mit Angst assoziierten Dyspnoe;101 102 andere unterstützen die Verwendung eines Anxiolytikums zur Linderung der Dyspnoe bei Tumorpatienten nicht.103 104 
Bei reversibler bronchialer Obstruktion können ß-Adrenergika, Anticholinergika und Methylxanthine zur Bronchodilatation eingesetzt werden.105 
Kortikosteroide weisen eine antiödematöse Wirkung auf das respiratorische System auf, die bei hoch dosierter Gabe rasch eintritt. Zusätzlich verfügen sie über antiinflammatorische und antiobstruktive Wirkungen und können deshalb in der palliativmedizinischen Situation bei manchen Formen von Dyspnoe geeignet sein.105

 

© Cancerdrugs GmbH, last update 18.02.2016.
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