Fatigue

  • Erst Anämie, Malnutrition, Dehydratation, Schmerzen, emotionalen Stress, Schlafstörungen, Dekonditionierung (Trainingsverlust), Depression, Herzinsuffizienz Hypothyreoidismus und von der Krebserkrankung unabhängige Komorbiditäten als Ursache von Fatigue ausschliessen.
  • Danach nicht pharmakologische Behandlungen versuchen, bei ungenügender Wirkung sind Arzneimittel indiziert.
  • Therapieunterbruch, -abbruch und Dosisanpassungen sollten immer erst nach erfolgter Rücksprache mit dem behandelnden Onkologen erfolgen.

Schweregrade der Fatigue nach CTCAE Version 4.03 (Common Toxicity Criteria of Adverse Events)

CTC Grad 1   

CTC Grad 2   

CTC Grad 3   

Erhöhte Ermüdbarkeit; Ruhe lindert Fatigue

 

Moderate Fatigue; 
Ruhe lindert Fatigue nicht; 
Schwierigkeiten, einzelne Aktivitäten durchzuführen 

Schwere Fatigue;
Ruhe lindert Fatigue nicht; Unmöglichkeit, einzelne Aktivitäten durchzuführen


Tumor-assoziierte Fatigue tritt bei vielen Tumorpatienten während und nach der Behandlung auf. Sie kann selbstlimitierend sein oder bis zu Jahren persistieren. 169 Ca. 30% der Patienten beklagen Grad I – II Fatigue. Lediglich 10% leiden unter den Folgen schwerer Fatigue.170 Entsprechend den Leitlinien des NCCN (National Comprehensive Cancer Network) sollte bei allen Patienten während der Behandlung und in der Nachsorge in regelmässigen Abständen gezielt nach Müdigkeits- und Erschöpfungssymptomen gefragt werden. 171 

In der Behandlung der tumor-assoziierten Fatigue sollten zuerst die behandelbaren Faktoren, die zu Fatigue führen können, ausgeschlossen bzw. behandelt werden. Dazu zählen Anämie (Labor bei Abklärung inkl. Eisenstatus sowie bei Makrozytose Vitamin B12 und Folsäure nicht vergessen), Schmerzen, emotionaler Stress, Schlafstörungen, Dekonditionierung (Trainingsverlust), ernährungsbedingte Mangelerscheinungen und Komorbiditäten wie z.B. kardiologische oder endokrine Dysfunktionen.
Systolische und diastolische Herzinsuffizienz können bereits bestehen und durch die onkologische Therapie akzentuiert werden, sie können aber auch eine Nebenwirkung der onkologischen Therapie sein. 
Zum Nachweis eines Hypothyreoidismus als Ursache der Fatigue müssen die TSH-Werte überprüft werden. Symptomatische PatientInnen mit erhöhten TSH-Werten sollten mit Levothyroxin behandelt werden. 
Malnutrition und Dehydratation treten vor allem bei Patienten auf, die mit Diuretika behandelt werden und wegen allfälliger Onkologika-assoziierter Übelkeit bzw. Inappetenz weniger essen und trinken. Bei diesen Patienten sind regelmässige Gewichtskontrollen notwendig. 
Die Prävalenz von Depressionen bei terminal erkrankten Krebspatienten beträgt 13-26% und kann ebenfalls eine Ursache von Fatigue sein.7 Bei Verdacht auf eine Depression empfiehlt sich ein psychiatrisches Konsil. Die Behandlung besteht meist in der Verabreichung von selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren. 

Die Therapie einer tumor-assoziierten Fatigue sollte frühzeitig beginnen. Einerseits weil bei Grad-3/4-Fatigue die Behandlung unterbrochen oder die Dosis angepasst werden muss, andererseits um einer möglichen Chronifizierung entgegenzuwirken. 172 
Von den nicht pharmakologischen Behandlungen haben sich Interventionsprogramme mit vorsichtig dosiertem Ausdauertraining als am wirkungsvollsten erwiesen. Mehrere Meta-Analysen und systematische Reviews belegen den positiven Effekt von mehrmaligem wöchentlichem Ausdauer- und Krafttraining bei moderater Belastungsintensität auf den Energieverlust:169 170 So konnte die Ausprägung von Fatigue bei sportlich aktiven PatientInnen um 40-50% gesenkt werden. Zusätzlich wirkte sich körperliches Training positiv auf emotionalen Stress, Schlafstörungen und Lebensqualität aus.8 
Neben körperlichem Training waren auch psychosoziale Interventionen wie Psychoedukation, Verhaltenstherapien und kognitive Therapien,169 170 Aktivitäts- und Energiemanagement sowie Entspannungstechniken wie progressive Muskelrelaxation und achtsamkeitsbasierte Stressreduktion bei der Therapie von Fatigue wirksam.169

Die NCCN-Richtlinien zur Behandlung von Fatigue empfehlen bei PatientInnen in der Krebstherapie zuerst eine ausführliche Information des Patienten über Fatigue und zu genereller Strategien wie Energiekonservation und Ablenkung durch Musik, Spiele oder soziale Aktivitäten. Energiekonservation wird durch Prioritätensetzen, Delegieren, Verrichtung von Aktivitäten zu Zeiten maximaler Energieniveaus und Verschieben von nicht essentiellen Aktivitäten erreicht. Zusätzlich sollte während des Tages nicht länger als 1 Stunde geschlafen werden, damit der Nachtschlaf nicht tangiert wird.173 
Bei ungenügender Wirkung sollten nicht-pharmakologische Interventionen zum Zuge kommen: vermehrte Aktivität (z.B. Beginn mit einem Trainingsprogramm), Rehabilitationsmassnahmen (CAVE: Knochenmetastasen, Thrombozytopenie, Anämie, Fieber oder aktive Infektion, Limitierung aufgrund von Metastasen oder anderen Krankheiten), physikalische Therapien wie Massagen, psychosoziale Intervention (z.B. kognitive Verhaltenstherapie), Ernährungsberatung und kognitive Verhaltenstherapie zur Verbesserung des Schlafes (z.B. Schlafhygiene).173 

Hat sich der Erschöpfungszustand nach Ausschluss bzw. Therapie behandelbarer Ursachen einer Fatigue und mit nicht-pharmakologischen Interventionen nur ungenügend gebessert, kann die Gabe der Psychostimulantien Methylphenidat 169 170 173 oder Modafanil 169 173 in Betracht gezogen werden. Allerdings ist die Wirksamkeit dieser Substanzen bei dieser Indikation nicht durch grosse, randomisierte Studien belegt und die Anwendung erfolgt ausserhalb der Zulassungsindikation. Da neuere Studien keine Wirkung des SSRI Paroxetin auf Fatigue gezeigt haben, werden Antidepressiva bei diesem Krankheitsbild nicht mehr empfohlen. Zusätzlich sollte die Schmerzeinstellung überdacht und emotionaler Stress, Schlafstörungen, andere Komorbiditäten sowie unausgewogene Ernährung behandelt werden.169 170 173 

 

© Cancerdrugs GmbH, last update 15.02.2016.
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