Dr Anna Berghoff:

Laborwerte haben eine unabhängige prognostische Aussage bei Patienten mit neu diLaborwerte haben eine unabhängige prognostische Aussage bei Patienten mit neu diagnostizierten Hirnmetastasen zeigt eine Analyse von 1.201 Fällen

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Die häufigsten bösartigen Hirntumore bei Erwachsenen sind nicht die sog. primären, also hirneigenen Tumore, sondern sekundäre Absiedlungen anderer Krebserkrankungen, also Metastasen. Häufige Ausgangstumore sind das Lungenkarzinom, das Mammakarzinom, das maligne Melanom sowie das Nierenzellkarzinom. Hirnmetastasen sind gefürchtet, weil nur wenige Behandlungsoptionen zur Verfügung stehen und die Lebensqualität durch die klinischen Symptome, die von Kopfschmerzen über neurologische Ausfälle bis zu Epilepsie oder akutem Anstieg des Hirndrucks reichen, stark beeinträchtigt sein kann.                                                

Auch für das Überleben sind sie ein relevanter Faktor, da die meisten Patienten mit Hirnmetastasen nur eine eingeschränkte Lebenserwartung von wenigen Monaten haben. Einige wenige Patienten können jedoch auch sehr lange mit Hirnmetastasen leben. Klinische Charakteristika um die Überlebensprognose besser abzuschätzen können helfen Patienten zu identifizieren, die sich für klinische Studien eignen.

Erstautorin Dr. Anna Berghoff, Universitätsklinik für Innere Medizin I, CCC Vienna, AKH/MedUni Wien: „Die Prognoseabschätzung ist aber nicht nur für die Aufnahme in klinische Studien bedeutsam, sondern auch für die Wahl des weiteren Vorgehens. Es gilt gemeinsam mit dem Patient abzuwägen, was für eine Strategie – abhängig von der zu erwartenden Lebenszeit - die sinnvollste ist.“

Ob Blutwerte helfen die Prognose von Patienten mit Hirnmetastasen besser einzuschätzen, untersuchte jetzt eine Arbeitsgruppe der MedUni Wien. In dieser großen Untersuchung wurden 1.201 Patienten mit unterschiedlichen Krebserkrankungen analysiert. Mit 39,9 Prozent am häufigsten war die zugrundeliegende Erkrankung Lungenkrebs, in 22 Prozent Brustkrebs, in 13,6 Prozent Melanom, in 10,1 Prozent Nierenzellkarzinom, in 8,4 Prozent Dickdarmkrebs und in 6,5 Prozent andere Tumore. Verglichen wurden klinische Charakteristika (wie die Anzahl der Hirnmetastasen, Alter bei der Diagnose, Allgemeinzustand und Anzahl anderer Metastasen) sowie im Blut messbare Werte zum Zeitpunkt der Diagnose der Hirnmetastase mit den Überlebenszeiten der Patienten.

Es zeigte sich, dass unter dem Normalwert liegende Werte für den roten Blutfarbstoff (Hämoglobin), Albumin (das wichtigste Plasmaeiweiß), Blutplättchen (Thrombozyten) und weißen Blutkörperchen (Leukozyten) sowie erhöhte Lactatdehydrogenase- und Entzündungswerte (C-reaktives Protein) mit einem schlechteren Überleben bei Hirnmetastasen verbunden waren (p<0,05, Logrank-Test). In einer multivariaten Analyse bestätigten sich diese Ergebnisse.

„Im übertragenen Sinn stehen diese Werte dafür wie ‚fit‘ ein Patient ist. Die subjektiv eingeschätzte ‚Fitness‘ des Patienten fließt selbstverständlich jetzt bereits in die Therapieabwägung ein, in Form des Karnofsky-Index. Allerdings kann sich diese Einschätzung von Arzt zu Arzt und auch in Abhängigkeit von der schwankenden Tagesverfassung des Patienten ändern.

Blutparameter können hier eine stabilere Grundlage für die Einschätzung bieten und sollten als objektive Parameter in die Prognose-Scores aufgenommen werden“, so Berghoff. Der bisher etablierteste Prognose-Score, das „Graded Prognostic Assessment“ umfasst das Alter bei Diagnose der Hirnmetastasen, den Allgemeinzustand (Karnofsky Index), das Vorhandensein von weiteren Metastasen sowie die Anzahl der Hirnmetastasen.

Abstract 2928; Poster P046 im Rahmen der Poster-Session „Central Nervous System“ am Samstag, 26. September, 16.45-18.45 Uhr, Halle C

 

Professor Dr. Silke Gillessen

„Switch Maintenance“-Therapie bei Patienten mit metastasiertem kastrations-resistentem Prostatakarzinom. Ergebnisse der Phase-III-Studie SAKK 08/11

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Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung (SAKK) hat im Rahmen einer multizentrischen Studie den Nutzen einer Erhaltungstherapie mit Orteronel bei Patienten mit metastasiertem Prostatakarzinom direkt nach einer Krankheitsstabilisierung mittels des Chemotherapeutikums Docetaxel untersucht. Das Problem ist, dass durch diese Chemotherapie die Erkrankung zwar häufig zunächst kontrolliert werden kann, dass es aber im weiteren Verlauf nach Absetzen der Chemotherapie zu einem Fortschreiten der Erkrankung kommt.

Orteronel, das zur Gruppe der CYP17-Hemmer gehört, ist ein Wirkstoff aus einer neuen Klasse, die sehr effektiv die Testosteronbildung hemmt und dabei recht gut verträglich ist. Von einem anderen Vertreter dieser Wirkstoffgruppe – Abirateron – konnte gezeigt werden, dass es in der Situation von einer Progression nach Docetaxel wirksam ist und auch als Erstlinientherapie vor Docetaxel. Die SAKK stellte die Hypothese auf, dass ein noch früherer Einsatz der Anti-Testosteronstrategie, noch vor der Progression, in einer stabilen Krankheitssituation, die Stabilisierung länger anhaltend machen könnte. Prof. Dr. Silke Gillessen, Kantonsspital St. Gallen, Schweiz: „Die englische Bezeichnung für diesen Einsatz ist ‚switch maintenance treatment‘. Im Fall der Studie 08/11 wurde drei bis sechs Wochen nach der letzten Docetaxel-Gabe mit der Einnahme von Orteronel 300mg bzw. Placebo zweimal täglich gestartet.“

Um aussagekräftige Ergebnisse für die multizentrische, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie zu erlangen, hätten pro Studienarm – jeweils bestehend aus bestmöglicher Supportivtherapie einmal zusammen mit Orteronel, einmal zusammen mit Placebo – 96 Patienten eingeschlossen werden müssen. Aufgrund eines Firmenentschlusses, der einen Entwicklungsstopp von Orteronel beim Prostatakarzinom betraf, musste die Rekrutierung jedoch vorzeitig beendet werden - nach Einschluss von 23 Patienten im Orteronel- und 24 Patienten im Vergleichsarm.

Trotzdem sind die Ergebnisse wichtig, so Gillessen: „Es ist die erste Präsentation einer Studie, die diesen Ansatz beim kastrationsresistenten Prostatakrebs untersucht.“ Die Ergebnisse der Studie zeigen einen deutlichen Unterschied beim primären Endpunkt der Studie, dem „ereignislosen“ Überleben (event-free survival, EFS). Das EFS war als Zeit vom Eintritt in die Studie bis zum Tod oder bis zum Auftreten von mindestens zwei Zeichen der Progression (radiologisch, klinisch oder vom PSA her auffällig). Das mediane EFS im Orteronel Arm betrug 8,5 Monate, während es in der Kontrollgruppe, die nur Supportivtherapie erhalten hatte, bei 2,9 Monaten lag (p=0,001). Was die Nebenwirkungen im Therapiearm betraf, so waren Müdigkeit (Fatigue), Übelkeit, Bluthochdruck und Hypokaliämie die häufigsten. Sie waren jedoch gut in den Griff zu bekommen.

Gillessen ist aufgrund dieser Ergebnisse überzeugt, dass „das Konzept der ‚switch maintenance‘-Therapie mit einem anderen Wirkstoff dieser Gruppe oder einer anderen wirksamen Therapie mit wenig Nebenwirkungen weiter verfolgt werden sollte“.

Abstract 2500; Vortrag im Rahmen der Proffered Paper Session „Prostate Cancer“ am Samstag,
26. September um 10.30 Uhr, Halle C2
Professor Dr Dirk Schadendorf: Übereinstimmung von Mutationstests auf BRAF V600E bei Patienten mit Melanom in Flüssig- und Gewebsbiopsien.

 

Professor Dr Dirk Schadendorf:

Übereinstimmung von Mutationstests auf BRAF V600E bei Patienten mit Melanom in Flüssig- und Gewebsbiopsien

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Etwa 40 Prozent der malignen Melanome (schwarzer Hautkrebs) weisen die Mutation V600E in BRAF auf. Das ist bedeutsam, weil in diesen Fällen BRAF-Hemmer therapeutisch wirksam sind. Der aktuelle Standard um zu testen, ob Patienten für diese gezielte Therapie in Frage kommen, ist ein Gewebstest. „Ein Bluttest wäre natürlich viel angenehmer, ganz besonders in Fällen, wo die Ergebnisse aus dem Gewebe des Primärtumors vielleicht nicht den aktuellen Status der Erkrankung widerspiegeln“, erklärt Prof. Dr. Dirk Schadendorf, Leiter des Hauttumorzentrums in Essen, Deutschland. Ein weiteres Problem, das mittels Bluttest gelöst wäre: „Oft liegt kein frisches Tumorgewebe vor und kann durch die Lage der Metastasen auch nicht schnell oder gefahrlos gewonnen werden.“

Zusammen mit der Abteilung für klinische Chemie der Universitätsklinik Mannheim verglichen die Ärzte des Hauttumorzentrums die Effektivität eines Bluttests (OncoBEAMTM BRAF) mit dem aktuellen Standard, der Sequenzierung nach Sanger aus Formalin-fixierten, Paraffin-eingebetteten Gewebsproben. In die Untersuchung aufgenommen wurden Patienten mit metastasiertem Melanom, die entweder noch keine Therapie erhalten hatten oder unter einer Anti-BRAF-Therapie eine Erkrankungsprogression zeigten. Patienten mit Therapieansprechen wurden nicht inkludiert. Proben von 42 Patienten wurden eingeschlossen, wobei 81 Prozent noch keine Therapie erhalten hatten.

„Die Ergebnisse sind erfreulich“, so Schadendorf. „Insgesamt zeigen die Ergebnisse des Plasmatests einen hohen Grad an Übereinstimmung.“ 38 von 41 Fällen zeigen einen äquivalenten BRAF-V600E-Mutationsstatus verglichen mit dem Tumorgewebe (90,5 Prozent), wobei 14 von 17 Fällen (82,4 Prozent) eine positive und 24 von 24 eine negative (100 Prozent) Übereinstimmung zeigen. „Insgesamt zeigt sich, dass die Mutationstests aus dem Blut im Vergleich mit dem Standard-Gewebstest gut abschneiden.

Die Ergebnisse unterstützen die Schlussfolgerung, dass blutbasierte Mutationstests eine geeignete Alternative für die gewebsbasierte Testung sind – sowohl vor der Therapie als auch bei Progression unter einer Anti-BRAF-Therapie. Die Vorteile liegen zum einen in der minimalen Invasivität und der Geschwindigkeit, die in Folge schnellere Entscheidungen bei der Therapie ermöglichen“, fasst Schadendorf zusammen. Der wesentliche Verzögerungsfaktor der Diagnose, das Lokalisieren der „alten“ Tumorprobe und das Anfordern des Paraffinblocks aus einer entfernten Pathologie, wäre mit dem Bluttest hinfällig.

Abstract 3351; P228 bei der Poster-Session „Melanoma and Skin Cancer“ am Sonntag, 27. September von 16.45-18.45 Uhr, Halle C