P2-1 - State of the art for ex-vivo manufactured autologous CAR T-cells - Michael Hudecek, Germany

Im Vorliegenden Bericht werden die von Michael Hudecek im Vortrag erwähnten Studien zusammengefasst. Dadurch kann der Text im Wortlaut vom Vortrag stellenweise abweichen und mehr oder weniger ausführlicher ausfallen.

Bei der CAR-T-Zell-Therapie (Chimeric Antigen Receptor) handelt es sich laut Michael Hudecek, Medizinische Klinik und Poliklinik II, Uniklinikum Würzburg, um eine neuartige personalisierte Krebs Immuntherapie, bei der gentechnologisch veränderte T-Zellen mit synthetischen antigenspezifischen Rezeptoren eingesetzt werden. Hierbei werden patienteneigene T Zellen derart reprogrammiert, sodass sie den Krebsbefall erkennen und eliminieren.

Ein Meilenstein mit Herausforderungen

Ein Meilenstein wurde im Juli 2017 gesetzt mit den von Novartis entwickelten CD19 CAR-T Zellen, die von der FDA zur Behandlung von r/r-B-Zell-ALL bei Kindern zugelassen wurde. Die Therapie ist gerade darum attraktiv, weil eine Chemotherapie freie «single-shot» Behandlung eingesetzt wird. Dabei soll das immunologische Gedächtnis soweit aufgebaut werden, damit ein Rückfall verhindert wird.

Soweit die Behandlungsziele. Allerdings gibt es dabei für Hudecek einige Herausforderungen zu bewältigen:

  1. Ziel ist die Entwicklung von neuen Zielstrukturen und Indikationen über CD19 hinaus
  2. Die Behandlung soll für alle Patienten verfügbar sein
  3. Die Kosten stellen ein Problem für Gesundheitssysteme dar
  4. Die Behandlungssicherheit und Kontrolle durch den Arzt

Für die Punkte 2 und 3 könnten gemäss Hudecek neue nicht virenbasierte Gentransfers Verbesserungen und Entlastung bringen. Beim Punkt 4 geht es auch um die Kontrolle der Behandlung, die ganz in ärztlichen Händen liegen sollte.

Virale Vektoren mit Sicherheitsbedenken

SLAMF7 (Signaling lymphocytic activation molecule) wird laut Hudecek als Ziel für eine Immuntherapie bei multiplem Myelom intensiv untersucht. SLAMF7 wird auf einer Fraktion normaler Lymphozyten exprimiert, einschließlich Teilmengen von natürlichen Killerzellen (NK-Zellen), T-Zellen und B-Zellen.

Die Immuntherapie mit CAR-T-Zellen, die mit gamma-retroviralen oder lentiviralen (LV) Vektoren modifiziert wurden, hat in klinischen Studien eine bemerkenswerte Wirksamkeit gezeigt. Das Potenzial für die Insertionsmutagenese und Genotoxizität viraler Vektoren verursacht jedoch gemäss Hudecek auch Sicherheitsbedenken, und deren Kosten und Regulierung erfordern einen Zwischenhalt für eine schnelle und umfassende klinische Umsetzung.

Sleeping Beauty (SB) -Transposition von CAR-Genen

Hier demonstrieren die Autoren einer Studie mit Hudecek als Mitautor, dass CAR T-Zellen durch nicht-virale Sleeping Beauty (SB) -Transposition von CAR-Genen aus minimalistischen DNA-Vektoren (Minicircles, MCs) konstruiert werden können.1 Die Autoren analysierten die genomische Verteilung von SB- und LV-Integrationen und zeigten, dass signifikant höhere Anteile von MC-abgeleiteten CAR-Transposons im Vergleich zu LV-Integranten außerhalb von hochexprimierten und krebsverwandten Genen in sogenannten «genomic safe-harbor-loci» aufgetreten sind, von denen nicht erwartet wird, dass sie eine Mutagenese oder Genotoxizität verursachen.

Mit dem verbesserten SB-Ansatz hergestellte CD19-CAR-T-Zellen zeigten in vitro eine starke Reaktivität und eliminierten in vivo das Lymphom in einem Xenograft Modell. 1 Interessanterweise ist die Elektroporation von SB-MCs im Vergleich zu herkömmlichen Plasmiden wesentlich wirksamer und weniger toxisch und ermöglicht eine kostengünstigere schnellere Herstellung therapeutischer CAR-T-Zell-Dosen. Dieser Ansatz setzt einen neuen Standard in der fortgeschrittenen Zell- und Gentherapie und wird die Verfügbarkeit von CAR-T-Zelltherapie zur Behandlung hämatologischer Malignome beschleunigen und erhöhen.1

SLAMF7-CAR-T-Zellen mit starker Antimyelomreaktivität

Im Rahmen einer weiteren Studie haben Autoren mit Hudecek als Mitautor die Spezifität von T-Zellen gegenüber SLAMF7 durch die Expression eines chimären Antigenrezeptors (CAR) umgeleitet, der vom huLuc63-Antikörper (Elotuzumab) stammt, und konnten zeigen, dass aus Patienten und gesunden Spendern gewonnene SLAMF7-CAR-T-Zellen eine starke Antimyelom-Reaktivität verleihen. 2

Die Autoren bestätigten eine gleichmäßige Expression von SLAMF7 auf hohem Niveau in malignen Plasmazellen in zuvor unbehandelten und bei rezidivierten / refraktären (R / R) Myelompatienten, die zuvor mit Proteasom-Inhibitoren und immunmodulatorischen Medikamenten behandelt worden waren. 2

Folglich führten SLAMF7-CAR-T-Zellen in vitro zu einer schnellen Zytolyse von zuvor unbehandelten und primären R / R-Myelomzellen. Darüber hinaus führte eine einmalige Verabreichung von SLAMF7-CAR-T-Zellen in vivo zu einem Abbau von medullären und extramedullären Myelom Manifestationen in einem murinen Xenotransplantatmodell.

Nach der Modifikation mit dem SLAMF7-CAR erwarben und behielten sowohl CD8 + - als auch CD4 + -T-Zellen rasch einen SLAMF7-Phänotyp bei und konnten leicht auf therapeutisch relevante Zelldosen erweitert werden.2

SLAMF7-CAR-T-Zelltherapie erweist sich potentiell als wirksame Behandlung

Die Autoren analysierten auch die Erkennung normaler Lymphozyten durch SLAMF7-CAR-T-Zellen und zeigten, dass sie das selektive Fratrizid von SLAMF7 + / High-NK-Zellen, CD4 + - und CD8 + -T-Zellen und B-Zellen induzieren. Sie konnten aber auch zeigen, dass das von den SLAMF7-CAR-T-Zellen verliehene Fratrizid die SLAMF7- / niedrige Fraktion in jeder Zellsubgruppe verschont und die funktionellen Lymphozyten, einschließlich virusspezifischer T-Zellen, konserviert. Zusammengefasst veranschaulichen diese Daten die potenzielle Verwendung der SLAMF7-CAR-T-Zelltherapie als wirksame Behandlung gegen das multiple Myelom und liefern neuartige Einblicke in die Konsequenzen einer zielgerichteten Behandlung von SLAMF7 für das normale Lymphozytenkompartiment.2

Im Vergleich zu BCMA (B-Cell Maturation Antigen) CAR-T 3 zeigen die SLAMF7 CAR-T laut Hudecek eine bedeutendere Remission und komplette Myelom Eradikation. 2

Horizon2020 unterstützt CARAMBA

Die Europäische Kommission wählte in der Folge das Projekt CARAMBA im Rahmen seines Aktionsprogramms „Forschung und Innovation“, Horizon2020, für neue Therapien bei seltenen Krankheiten. Die Kommission unterstützt das Projekt über einen Zeitraum von vier Jahren mit Mitteln in Höhe von 6,1 Millionen Euro, um einen revolutionären Ansatz für die Behandlung des multiplen Myeloms in Europa voranzutreiben, in diesem Falle durch Sleeping Beauty-Gentransfer hergestellte SLAMF7-CAR-T-Zellen. Zehn Partner in sechs europäischen Ländern arbeiten eng zusammen, um die CAR-T-Durchbruchstherapie so schnell wie möglich ans Krankenbett zu bringen. Das internationale Projekt wird von der Medizinischen Abteilung II des Universitätsklinikums Würzburg unter der Leitung von Hudecek koordiniert.

CARAMBA ist als Phase I / II-Studie konzipiert. Phase I ist eine Dosis-Eskalationsstudie, in der die effektive Dosis des CAR-T-Zellprodukts untersucht wird. Für den Phase-II-Teil der Studie werden 25 Patienten mit der maximal tolerierten Dosis SLAMF7 CAR-T behandelt. Nach der CAR-T-Zellinfusion werden alle Patienten für mindestens eine Woche stationär (im Krankenhaus) und dann regelmäßig ambulant (zu Hause) beobachtet.

Für die Behandlung ist das Verfahren wie folgt:

  1. Die Leukozyten eines Patienten werden durch Leukapherese extrahiert.
  2. Die weißen Blutkörperchen werden dann getrennt, um geeignete T-Zellen (Immunzellen) zu identifizieren, die für CAR-T geeignet sind.
  3. "CAR" -Gensequenzen werden in die DNA der T-Zellen zur Erzeugung von "CAR-T-Zellen" inseriert. Dadurch werden sie befähigt das SLAMF7-Protein auf Myelomzellen aufzuspüren und anzusteuern.
  4. Die modifizierten T-Zellen werden ex vivo expandiert.
  5. Anschließend werden die CAR-T-Zellen wieder dem Patienten infundiert. Dort vermehren sie sich beim Kontakt mit dem SLAMF7-Protein und eliminieren die Krebszellen, die dieses Protein exprimieren.

GMP-Validierung erfolgreich abgeschlossen

Die bereits erwähnte Sleeping Beauty Technik zur Erzeugung der CAR-T Zellen wurde laut Hudecek bereits vor knapp einer Dekade beschrieben und kann im vollen Wortlaut in der nachfolgend zitierten Arbeit nachgelesen werden. 4

Kurz zusammengefassthandelt es sich bei CAR-T in CARAMBA um eine «cut and paste» Gentranslokation mittels SB100X Transposase und pT2 Transposon. Dieser stabile Gentransfer ist der Methode mit einem viralen Vektor überlegen. Ausführlichere Angaben zu CARAMBA sind auf der Webseite der Studiezu finden. Typischerweise werden DNA-Plasmidmoleküle in die Zellen transfektiert, um die genetische Information zu übermitteln. Allerdings ist die damit verbundene Toxizität erheblich. Mit der Reduktion der genetischen Last durch Verwendung von DNA Minicircles mit der Sleeping Beauty Methode kann die Gentransfer Rate dramatisch verbessert und die Toxizität für die T-Zellen reduziert werden. Auch die Mobilisation des Transposons mittels der Transposase ist effizienter. Die für die Herstellung notwendige GMP-Validierung wurde laut Hudecek erfolgreich abgeschlossen und es wurde eine Herstellungslizenz eingereicht.

1 Batch Minicircle DNA - hergestellt in 3 Tagen - reicht für 2000 CAR-T Produkte

Die parallele T-Zell Aktivierung je von CD4- und CD8-Zellen erfolgt gemäss Hudecek während 2 Tagen mittels CD3/CD28 Beads und die darauffolgende Nukleofektion wie beschrieben mit SLAMF7 CAR Minicircle und Sleeping Beauty100x RNA. Dieser Prozess dauert 4 Tage. Anschliessend erfolgt im Verlauf von 8 Tagen die T-Zell Expansion mit Entfernung der Beads. Dann wird die Expansion weitergeführt und die Zellen werden schliesslich 1:1 zum Endprodukt zusammengeführt. Ein Hauptvorteil dieser Methode ist auch die Zeit- und Kostenersparnis gegenüber der Virusmethode. Alleine die Produktionszeit für die Transfektion dauert gerade einmal drei Tage während dafür mit der Virusmethode zwischen drei Wochen und drei Monaten benötigt wird. Ein Batch von Viren mit Kosten von 1 Mio. Euro dient für 20 CAR-T Produkte. Ein Batch Minicircle DNA hingegen reicht für 2000 CAR-T Produkte. Es handelt sich somit um eine skalierbare und exportierbare Produktion von autologen CAR-T Zellen.

Dasatinib zur Kontrolle des CRS

Eine klinische Herausforderung stellen die Nebenwirkungen wie das akute Zytokin Release Syndrom (CRS) und die Neurotoxizität dar, denn nach der Infusion der CAR-T Zellen, sind diese praktisch «out of control» im Gegensatz zu einem Medikament, dessen Gabe jederzeit bei Nebenwirkungen gestoppt werden kann. Die Technik zur Beherrschung der CAR-T Zell Nebenwirkungen ist sehr beschränkt. Die dahintersteckende Pathophysiologie wird schrittweise erhellt. 5,6 Mit einer Zytokinblockade sowie Immunsuppression kann laut Hudecek versucht werden, die Freisetzung von IL-6 sowie IFN-Gamma zu unterbinden. Das CRS und die damit zusammenhängende Neurotoxizität sind transiente Phänomene und mit einem on/off Mechanismus müsste es gelingen, diese Nebenwirkungen zu beherrschen. Mit Dasatinib wurde eine Substanz gefunden, die die CAR-T Zellen aufhält, ohne sie zu zerstören. Die Untersuchung am Mausmodell zeigte gemäss Hudecek, dass die Wirkung mit Dasatinib auf CD4 und CD8 sofort einsetzt und titrierbar (teilweise bis vollständig) sowie reversibel ist und bei Sistierung ohne Rebound CRS verläuft. Klinisch zeigte sich dies in einem deutlich besseren Überleben von behandelten Mäusen gegenüber unbehandelten. Die Wirkung betrifft alle CAR mit CD3-zeta. 7

Ziel ist es laut Hudecek Patienten mit einem hohen Risiko für ein CRS zu identifizieren, was aufgrund von Messungen grundsätzlich präventiv möglich ist, um sie entsprechend schützend mit Dasatinib zu behandeln.

 

Literatur:

  1. Monjezi R, Miskey C, Gogishvili T, Schleef M, Schmeer M, Einsele H, Ivics Z, Hudecek M. Enhanced CAR T-cell engineering using non-viral Sleeping Beauty transposition from minicircle vectors. 2017 Jan;31(1):186-194. doi: 10.1038/leu.2016.180. Epub 2016 Jun 24. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27491640
  1. Gogishvili T, Danhof S, Prommersberger S, Rydzek J, Schreder M, Brede C, Einsele H, Hudecek M. SLAMF7-CAR T cells eliminate myeloma and confer selective fratricide of SLAMF7+ normal lymphocytes. Blood. 2017 Dec 28;130(26):2838-2847. doi: 10.1182/blood-2017-04-778423. Epub 2017 Oct 31. http://www.bloodjournal.org/content/bloodjournal/early/2017/10/31/blood-2017-04-778423.full.pdf?sso-checked=true
  1. Mitgeteilt am EBMT 2019, unpublizierte Daten von Garcia-Guerrero
  1. Z Jin, S Maiti, H Huls, H Singh, S Olivares, L Mátés, Z Izsvák, Z Ivics, D A Lee, R E Champlin & L J N Cooper. The hyperactive Sleeping Beauty transposase SB100X improves the genetic modification of T cells to express a chimeric antigen receptor. Gene Therapy volume 18, pages 849–856 (2011) https://www.nature.com/articles/gt201140
  1. Norelli M, Camisa B, Barbiera G, et al. Monocyte-derived IL-1 and IL-6 are differentially required for cytokine-release syndrome and neurotoxicity due to CAR T cells. Nat Med. 2018 Jun;24(6):739-748. doi: 10.1038/s41591-018-0036-4. Epub 2018 May 28. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29808007
  1. Giavridis T1, van der Stegen SJC1, Eyquem J1, Hamieh M1, Piersigilli A2, Sadelain M3. CAR T cell-induced cytokine release syndrome is mediated by macrophages and abated by IL-1 blockade. Nat Med. 2018 Jun;24(6):731-738. doi: 10.1038/s41591-018-0041-7. Epub 2018 May 28. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29808005
  1. Mitgeteilt am EBMT 2019, unpublizierte Daten von Mestermann, Gavridis, Sadelain, Hudecek et al, in revision